fröhliche Verunstaltungen (Musik als Neurose) (2012)
Besetzung: Flöte (auch Piccolo), Oboe, Klarinette (auch Es-Klarinette, Bassklarinette), Fagott, Horn, Posaune, Violine, Viola, Violoncello, Akkordeon, Klavier, Schlagewerk
Dauer: 14′
UA: 9.2.2013, Eröffnungskonzert Impuls, Helmut List Halle, Graz
Klangforum Wien, Enno Poppe
Es ist nicht der Klang, der in diesem Stück im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, sondern es sind neue Formen und Möglichkeiten der musikalischen Geste beziehungsweise des Ausdrucks. Die Suche nach dem sogenannten unverschlüsselten Material erscheint mir gegenwärtig obsolet, daher bilden profan banale, klischeehafte Phrasen den Ausgangspunkt des Stückes, die unter Einbeziehung des Zufalls im Kompositionsprozess deformiert und gestört werden. So sollen sich scheinbar dilettantische, vor allem aber auch exzentrische oder autistische musikalische Verhaltensweisen ergeben. In diesem Sinne wird das nicht-organische Ineinander, Übereinander, Gegeneinander und Durcheinander der verschiedenen gleichzeitigen klanglichen Ereignisse gesucht, Ziel ist also die Heterogenität, eine groteske Ästhetik des Auseinanderklaffenden, Hervorstehenden und Unabgeschlossenen. Unter diesem Gesichtspunkt verstehe ich auch den Gebrauch von Tonalität in diesem Stück, nämlich nicht, wie historisch gewachsen, als formbildende, sinnstiftende und zusammenhangerzeugende Kraft, sondern im Gegenteil, als eine Zentrifugalkraft, die die klangliche Homogenität stört und herausfordert, verzerrt und entstellt. Die Tonalität soll weder Zitat, Symbol noch Metapher sein, nicht Fremdkörper in der Gesamtkomposition, sondern integraler Bestandteil in Form eines Störelements, desorganisierender Bezugspunkt, Problemstoff oder Sondermüll. Und all dies in einer widersprüchlichen Gleichzeitigkeit, deren Sinn lediglich in der bunten chaotischen Anhäufung und Informationsverdichtung zu sehen ist, oder, um es mit Christoph Schlingensief zu sagen, auf den sich auch der Untertitel der Komposition bezieht:„Ich glaube, dass in der Anhäufung von Schwachsinn mehr Wahrheit liegt als in der Anhäufung von Wahrheit“.